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Die Entstehung von Treibball
Als ich vor einiger Zeit mit einer Viedeoproduktion zum Thema *Training
von Pferd & Hund* beschäftigt war, befand sich auf dem Reiterhof, wo die
Dreharbeiten stattfanden, eine Australian Shepherd Hündin, die dort vor
lauter Frust fast pausenlos kläffte. Noch schlimmer war aber, dass sie
planlos sowohl die Pferde als auch die Kühe auf der Wiese herumhetzte.
Man fand den Hund einfach nur lästig. Mir war klar, dass dieses
Verhalten ein umweltbedingtes Problemverhalten war. Die Hündin hatte
einfach Langeweile und da es keine Aufgabe für sie gab, hatte sie sich
eben selbst welche gesucht. Pferde waren auf dem Reiterhof wichtig,
Hunde dagegen nur Nebensache. Die Kühe wurden mit „Cuttinghorses“
getrieben und niemand dachte daran, dass die Hündin genau dafür geboren
war. Schlimmer noch: Man hatte es ihr sogar verboten und fand es
nervend, wenn sie mitmischen wollte. Nun war die Besitzerin aufgrund
ihres Leidensdrucks durchaus bereit, an diesem Problem zu arbeiten.
Somit begannen wir, ihre Hündin als „Kuh – Treibhund“ zu trainieren. In
Zusammenarbeit mit der Besitzerin sollte sie die Kühe von einer Wiese
auf die andere treiben. Dieses Training war so erfolgreich, dass die
Besitzerin schon nach 3 Tagen in Zusammenarbeit mit ihrer Hündin die
Kühe gezielt treiben konnte, während sie selbst ihr Pferd ritt. Die
Hündin hörte auf zu kläffen und arbeitete stattdessen in aller Ruhe
planmäßig mit ihrer Besitzerin zusammen an den Kühen.
In einem anderen Training mit einem Hund bemerkte ich, dass dieser –
statt einen unter einem Wassertrog versteckten Preydummy (einen mit
Hundefutter gefüllten Leinenbeutel) anzuzeigen – lieber die Wassertröge
über die Wiese rollte. Hieraus entstand die Idee, diesen Hund die Tonnen
zum Menschen treiben zu lassen. So entwickelte sich ein Spiel, indem
anhand von Distanzkontrolle (z.B. Richtungsanweisungen) eine Auswahl
möglich war, welche Tonne als erste zur Bezugsperson getrieben werden
sollte. Der Hund konnte später auf Pfiff genauestens dirigiert werden.
Dies können Sie auch auf meiner DVD „Hunde erziehen mit Natural
Dogmanship“ sehen. Endlich durfte der Hund sein Bedürfnis „zu treiben“
ausleben und dies sogar noch in Zusammenarbeit mit seiner Bezugsperson!
Der Vorläufer von Treibball war geboren! Durch diese gemeinsame, für den
Hund auch sehr sinnvolle Aktivität war dieser weniger frustriert. Vieles
von seinem ursprünglichen Problemverhalten verschwand nach und nach und
zudem machte er einen viel ausgeglicheneren Eindruck. Für mich war dies
die Bestätigung, dass „Arbeitslosigkeit“ auch unter Hunden zu Frust und
somit zu Problemverhalten führt. Dies spornte mich, an diese
Beschäftigungsform gezielt weiterzuentwickeln.
In meiner Natural Dogmanship Zentrale werde ich häufig mit
unterforderten Hunden konfrontiert, die speziell für die Treib- bzw.
Hütearbeit gezüchtet worden sind. Daher habe ich mir Gedanken gemacht,
welche Gegenstände die Rolle eines Schafs oder Rinds einfacher erfüllen
können als diese Tonnen. Inspiriert durch eine Fernsehsendung, in der
zwei Boxer – Teams mit einem Gymnastikball auf einem Spielfeld mit zwei
Toren „Fußball“ gegeneinander gespielt haben, habe ich den Gymnastikball
als „Schaf – Ersatz“ gewählt. Nun sah ich auch direkt die Bilder von
Hütehundturnieren mit Schafen und Border Collies vor Augen und beschloss
daher, einige dieser Turnierregeln sowie ein Tor als Gatter für die
Bälle im Spiel zu integrieren: Der Hundesport „Treibball“ war geboren!
Treibball ist mittlerweile ein neuer Turniersport – nicht nur für Hüte-
oder Treibhunde, der hoffentlich für viele Hunde eine artgerechte
Beschäftigungsform in Zusammenarbeit mit ihrer Bezugsperson sein wird.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Hund hierbei viel Spaß!
Jan Nijboer
Jan Nijboer in seinem Buch *Treibball für Hunde*,
Franck–Kosmos–Verlags–GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2007
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